Antrittsrede mit Kennedy-Zitat

Liebe Zuhörer, 

das Thema meiner Antrittsrede lautet:

„Die Gesellschaft und ihre Verantwortung“.

Doch, erstens: Was ist überhaupt „Verantwortung“ – und, zweitens: Was ist „Gesellschaft“?

Als Gesellschaftswissenschaftler erlaube ich mir, mit der zweiten Frage zu beginnen.

In den Augen eines Soziologen ist „Gesellschaft“ nicht primär etwas geselliges - sondern, einfach gesagt: eine Gruppe.

Genauer gesagt: eine Gruppe von zahllosen Untergruppen, die ihrerseits wieder unendlich viele Untergruppen bilden.

So ähnlich wie die Matrjoschka, die russische Steckpuppe - die berühmte Puppe, immer wieder neue kleinen Unterpuppen enthüllt.

Kompliziert wird die Sache dadurch, dass sich diese Gesellschaftsgruppen auch überschneiden können.

Aber kompliziert will ich es heute nicht machen.

Denn ich habe vor allem eine Untergruppe im Auge:

Meine Zuhörer!

„Die Gesellschaft und ihre Verantwortung“ ?

Als Redner habe ich zuerst einmal die Verantwortung für die Gesellschaft meiner Zuhörer. 😀

Für deren Aufmerksamkeitsniveau - dafür, dass Sie mir auch wirklich Gesellschaft leisten. 😉

Vielleicht ist es daher nicht verkehrt, mit dem berühmten Zitat eines berühmten Mannes zu beginnen.

Ich meine den US-Präsidenten – ich könnte sagen: „den legendären US-Präsidenten“ – John F. Kennedy.

Die Gesellschaft und ihre Verantwortung?

Sicher kennen Sie Kennedys Ausspruch dazu:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, sondern fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“

Wollte ich provokativ sein, dann könnte ich ein weiteres Zitat anführen:

„Du bist nichts, dein Volk ist alles.“

Ein Prinzip der Gesellschaft und ihrer Verantwortung, das man der Hitler-Jugend einzuhämmern versuchte.

Es ist schön, wenn man solche Zitate hat.

Feste Sätze, die man begrüßen, ablehnen oder abnicken, kritisieren oder kommentieren kann.

Aber die Welt lässt sich nicht in Zitate verpacken.

Die Welt ist komplizierter.

Das beginnt schon mit dem Titel des Vortrags.

Die Groß- oder Kleinschreibung eines einzigen Buchstabens macht den fundamentalen Unterschied.

„Die Gesellschaft und Ihre Verantwortung“ – die Verantwortung der Gesellschaft?

Oder „Ihre“ – meine, unsere Verantwortung?

Aber sind wir nicht alle auch Gesellschaft?

Macht es also einen Unterschied?

Das sind die Begrenzungspfähle, zwischen denen sich das Thema wie ein Slalomläufer durchzuwinden hat.

Zwischen „Die da oben machen eh was sie wollen“, „Mir ist’ eh wurscht“, „Der kleine Mann zahlt immer“ und „Das lasse ich mir nicht gefallen“.

Vielleicht begleiten wir zur Verdeutlichung einmal den „legendären“ kleinen Mann von der Straße:

(...)